Die Endstelle der Linie Bochum – Herne am „Kortländer“ lag recht weit vom damaligen Bochumer Stadtzentrum entfernt.
Um diesen Zustand zu beenden und eine direkte Umsteigemöglichkeit zu der am 26. Oktober 1860 eröffneten Bergisch-Märkischen Eisenbahn zu ermöglichen, richtete der rührige Bochumer Fuhrunternehmer Heinrich Fork, dessen Pferdeomnibusse zuvor zwischen Bochum und Herne verkehrten, bereits am 24. November 1894 einen Anschlussverkehr ein:
UNBEFRIEDIGEND
Für Siemens & Halske war der fehlende Straßenbahnanschluss zum Bahnhof alles andere als befriedigend. Dennoch verging noch rund ein Jahr, bis die Betriebsführerin der Bochumer Straßenbahn die Strecke bis zum Bergisch-Märkischen Bahnhof verlängern konnte.
Das neue Streckenstück führte in linker Seitenlage zunächst über die Brückstraße und dann über die Kortum-, Hoch-, Friedrich- und Bahnhofstraße (der gesamte Straßenzug heißt heute Kortumstraße) zum Bahnhof.
Am 1. März 1896 gingen die 1,18 Kilometer Streckenergänzung in Betrieb.
PENDELWAGEN
In der ersten Betriebsphase wurde die Ergänzungsstrecke mit einem Pendelwagen betrieben. Nach der Eröffnung der Straßenbahnstrecke vom „Kortländer“ nach Wanne übernahmen die aus Wanne kommenden Wagen für einige Monate das Streckenstück.
Zum Winterfahrplan 1897 wurde die Wanner Linie wieder zum „Kortländer“ zurückgezogen. Vom 19. Oktober 1897 an fuhren die aus Herne kommenden Wagen zum Bahnhof Bochum-Süd.
Wirtschaftlich machte das Sinn. Die Verbindung von Bochum nach Herne wurde als direkte Nord-Süd-Verbindung stark frequentiert. Die Wanner Linie verkehrte seltener. Da die Linie Bochum – Herne als Pachtbetrieb betrieben wurde, ist denkbar, dass als Voraussetzung für die Durchbindung der Herner Linie vom „Kortländer“ zum Bahnhof zunächst entsprechende Vereinbarungen für den Wageneinsatz und die Abrechnung der Einnahmen getroffen werden mussten.
Um auf dem Streckenabschnitt in der Innenstadt eine Kreuzung entgegenkommender Wagen zu ermöglichen, wurde in Höhe des Wilhelmplatzes (heute Husemannplatz) eine Ausweiche angelegt. Eine weitere Umsetzmöglichkeit gab es in der Bahnhofstraße vor dem Hotel „Reichshof“.
AM BAHNHOF
Das nachfolgende Postkartenmotiv (Verlag P. Caspar, Bochum – Sammlung Ludwig Schönefeld) zeigt die Endstelle am Bahnhof Bochum-Süd, vermutlich im Winter 1901.
Im Zentrum des Bildes sind zwei der gerade ausgelieferten Weyer-Triebwagen zu erkennen. Bei näherer Betrachtung wird deutlich, wie stark sich bereits um die Jahrhundertwende die unterschiedlichen Verkehrsteilnehmer im Bereich der Bahnhofstraße behinderten. So wird das Gleis weniger Meter hinter den rangierenden Straßenbahnwagen von einer Kutsche blockiert. Jeder Verkehrsteilnehmer, ob Automobil oder Pferdefuhrwerk musste die Engstellen irgendwie und möglichst ohne Kollision passieren.
ERTÜCHTIGUNG DER STAMMSTRECKE
Auch die Stammstrecke nach Herne wurde ertüchtigt. Dies vor allem durch die Anlage neuer Ausweichen, nachdem sich herausgestellt hatte, dass der zwischen 6.30 und 20.30 Uhr angebotene 15-Minuten-Takt mit den ursprünglich angelegten Ausweichen nur schwer einzuhalten war.
Zu den Ausbaumaßnahmen gehörte unter anderem die Anlage einer Ausweiche an der Endstelle Vinckestraße in Herne. Die Ausweiche „Gantenberg“ wurde in Richtung Bochum verschoben. Sie lag 1898 bereits in Höhe der heutigen U-Bahn-Haltestelle Feldsieper Straße.
Der Siemens-Fotograf nutzte die neue angelegte Ausweiche, um den zum Bahnhof Bochum-Süd fahrenden Triebwagen 29 abzulichten. Schon damals gab es offensichtlich interessierte Fahrgäste, die sich gerne hinter dem Fahrer aufhielten, um die Fahrt mitzuverfolgen (Siemens Historical Institute).