RÜCKZUG AUS CASTROP

Zwischen Gerthe und Castrop sowie zwischen Kirchharpen und Lütgendortmund hatten die Straßenbahnstrecken über die gesamte Zeit ihres Bestehens Überlandcharakter. Sie verliefen in Seitenlage der Landstraßen – und behinderten damit aus Sicht der Kommunalpolitik Ende der 1960er-Jahre zunehmend den wachsenden Individualverkehr.

Gelegentliche Unfälle an unübersichtlichen Einfahrten – ein Beispiel dafür sehen wir im nachfolgenden, vermutlich von einem Verkehrsmeister der Straßenbahn aufgenommenen Foto aus der Mitte der 1960er-Jahre (BOGESTRA Fotosammlung) – stützten die Argumentation.

Angesichts der tatsächlichen Verkehrsdichte erscheinen die Bedenken hinsichtlich der Fortführung des Straßenbahnverkehrs als schwach. Mit gutem Willen und durch den Ankauf landwirtschaftlich genutzter Flächen hätte man die Straßenbahnstrecken nach Castrop und Lütgendortmund gut auf einen eigenen Bahnkörper legen können.

ABLÖSUNG DURCH DEN OMNIBUS

So aber wurde der Streckenast der Linie 7 von Gerthe nach Castrop am 8. Mai 1967 zwischen der Münsterstraße in Castrop und Gerthe durch die Omnibuslinie 67 ersetzt.

In der zweiten Jahreshälfte 1962 hatte man die Endstelle in Castrop von der Emschertalbahn zur oberen Münsterstraße verlegt, um die Innenstadtstraßen zu einer weitgehend verkehrsfreien Fußgängerzone umzubauen. Die Düwag-Gelenktriebwagen hielten jetzt auf einem ungesicherten Gleisstumpf in Höhe der Kreuzung von Widumer Straße / Lönsstraße.

Das 1961 aufgenommene Beitragsbild von Friedrich Engel zeigt noch den alten Zustand. Triebwagen 184 (Credé 1951) fährt auf den Weg nach Bochum durch die Münsterstraße (Sammlung Klaus-Michael Lehmann).

Fahrgäste, die vom Personenbahnhof Castrop-Rauxel mit der Straßenbahn in Richtung Gerthe fahren wollten, mussten ein gutes Stück zu Fuß zurücklegen.

Wolfgang R. Reimann fotografierte am 27. Dezember 1963 die letzte Endstelle der Linie 7 in der oberen Münsterstraße, unmittelbar vor dem Übergang in die Widumer Straße. Im weiteren Verlauf bis zur Emschertalbahn hatte die Stadt die Münsterstraße zu diesem Zeitpunkt bereits zu einer verkehrsfreien Fußgängerzone umgebaut.

DOMÄNE DER EINRICHTUNGSWAGEN

Der verbliebene Streckenast von Bochum nach Gerthe wurde mit dem Fahrplanwechsel am 8. Mai 1967 mit der von Wanne-Eickel nach Bochum führenden Strecke zu einer neuen Linie 6 verbunden. An der Einmündung der Schürbankstraße in den Castroper Hellweg wurde das Gleis ein Stück nach Norden verschwenkt, um nunmehr in Richtung Bochum in den Hellweg abbiegen zu können.

Ergänzend war bereits Anfang der 1960er-Jahre in der Hans-Sachs-Straße eine von der Lothringer Straße abzweigende Verbindung zum Castroper Hellweg geschaffen worden. Sie diente als Wende- und Warteplatz für die Einlegewagen des 10-Minuten-Taktes.

Da es somit an beiden Endpunkten der neuen Verbindung Wendeschleifen gab, wurde die Linie 7 und in ihrer Nachfolge die Linie 6 über viele Jahre zum Haupteinsatzgebiet der Bochumer Einrichtungswagen.

Bereits Anfangs verkehrten zwischen der Schleife Kirchstraße in Bochum und der Schleife Hans-Sachs-Straße in Gerthe die in der eigenen Werkstatt gebauten zweiachsigen Einrichtungswagen („Elefanten“) auf der Verstärkerlinie 27. Später wurden bevorzugt die ebenfalls in eigener Werkstatt gebauten Doppelgelenkwagen („Schüttelrutschen“) auf der Linie 6 eingesetzt. Sie konnte man zuvor vor allem auf der Linie 21 in Gelsenkirchen beobachten.

  • Am 18. Januar 1975 "schob sich" Triebwagen 251 in die Lothringer Straße.
    Foto Dieter Höltge - Sammlung Stefan Höltge

Im Wechsel mit den Gelsenkirchener Linien 1, 2 und 7/17 kamen nach den „Elefanten“ und den „Schüttelrutschen“ auch die 1964 aus Großraumwagen entstandenen Triebwagen 200 bis 216 und die Düwag-Einrichtungswagen 250 bis 255 nach Gerthe. An sie erinnern die Fotos in der oben eingefügten Bildfolge.

Damit man die Darstellung des neuen Gleisverlaufs gut mit den vorangegangenen Plänen vergleichen kann, basiert der nachfolgende Plan erneut auf Luftbildern aus den 1920er-Jahren (© RVR – 1925-1930 – dl-de/by-2-0). Die Gleise sind jetzt in rot dargestellt. Diese Farbe verwende ich in den Plänen für Strecken der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. Sie hatte – wie berichtet – das Gerther Netz nach dem Konkurs der Westfälischen Straßenbahn GmbH zu Beginn des Jahres 1938 übernommen.

Klicken Sie auf das Bild, um die Ansicht zu vergrößern!

ZURÜCKZUM NÄCHSTEN KAPITEL