KRISENJAHRE

So reizvoll die Strecke der Linie 9 auch gewesen sein mag – wirtschaftlich war sie für die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG bei weitem nicht so lukrativ wie die Nord-Süd-Achse von Herne nach Hattingen oder die West-Ost-Achse von Gelsenkirchen nach Witten.

Das lag daran, dass die Linie 9 vor allem dem Schüler-, Wochenend- und Ausflugsverkehr diente. Zum Einkaufen unter der Woche oder für den Weg zum Bahnhof wurde sie nur von Menschen genutzt, die sich die vergleichsweise teure Fahrt mit der Straßenbahn leisten konnten. Das waren in aller Regel nicht die in den Fabriken und Zechen beschäftigten Arbeiter.

Aus diesem Grund wurde insbesondere die Verlängerung im Norden zur Zeche Constantin kaum frequentiert. Die auf der Schachtanlage beschäftigten Bergleute wohnten größtenteils in unmittelbarer Nähe ihres Arbeitsplatzes. Sie waren auf dem Weg zur Schicht nicht auf ein öffentliches Verkehrsmittel angewiesen.

Das alles führte dazu, dass die Linie 9 mit Wirkung vom 22. Mai 1937 bis zur Kaiseraue (diese Schreibweise war inzwischen üblich) zurückgezogen wurde. Der Abschnitt von der Kaiseraue zur Zeche Constantin wurde nur noch zu bestimmten, verkehrsstarken Zeiten, durch die Verstärkerlinie 19 bedient.

DREI JAHRE PAUSE

Die Innenstadt, der Stadtteil Grumme und die Bergstraße wurden 1943 bei Luftangriffen schwer getroffen. Der Straßenbahnverkehr zur Zeche Constantin konnte dennoch – das zeigt das 1943 aufgenommene Beitragsbild aus der Sammlung von Heinz-Günter Spichartz – weitergeführt werden.

Wie es um die Innenstadt stand, dokumentieren die erhaltenen Fotos aus dem Bildarchiv der Stadt Bochum.

In der Nacht zum 14. Mai 1943 wurde zwischen 2:15 und 2:40 Uhr das Gebiet rund um den Bahnhof Bochum-Süd getroffen. Helfer räumen den Bürgersteig. Der als „9“ ausgeschilderte Triebwagen schleppt einen abgebügelten zweiten Triebwagen. Teilweise wurden in der Not Triebwagen als Beiwagen genutzt. Es könnte sich aber auch um ein durch Bomben beschädigtes Fahrzeug handeln (Stadt Bochum, Pressestelle).

In der Nacht vom 29. September 1943 zwischen 21:45 und 22:50 Uhr wurde das Bahnhofsareal erneut getroffen. Am nächsten Morgen waren vom Hotel Reichshof, vom benachbarten Lichtspiel-Theater, dem ehemaligen „Welt-Kino“, vom Hotel Fork und vom Rheinischen Hof nur noch Trümmer geblieben. An ihrer Stelle steht heute ein Parkhaus.

Das nachfolgende Bild zeigt die Ausweichstelle am Wilhelmsplatz nach einem nächtlichen Bombenangriff am 10. Juli 1943 zwischen 1:05 und 1:55 Uhr. Der Kommentar dazu vermerkt allein für diese Nacht 11 Minen, 160 Sprengbomben, etwa 13540 Stabbrandbomben, 3060 Phosphorbrandsätze, 30 Tote und rund 80 Verletzte (Stadt Bochum, Pressestelle).

BETRIEBSEINSTELLUNG

1943 gelang es unter großen Anstrengungen, den Straßenbahnverkehr einigermaßen aufrechtzuerhalten. 1944 waren die Zerstörungen in der Innenstadt schließlich so gravierend, dass die Strecke in der Kortumstraße und damit auch die Linien 9 und 19 eingestellt werden mussten.

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