CIRCUIT

Die Ruhrbesetzung führte auf allen Straßenbahnlinien für die Zivilbevölkerung zu erheblichen Beeinträchtigungen. Auf einigen Strecken wurde der Verkehr vorübergehend untersagt. Auf der Strecke von Bochum nach Witten wurden mehrfach Gleise entfernt, um den Verkehr zu unterbinden.

In der Bochumer Innenstadt wurde der Straßenbahnverkehr im Frühsommer 1923 über mehrere Wochen gänzlich unterbrochen. Vom 28. August 1923 an wurde der Straßenbahnverkehr über 14 Tage vollständig eingestellt. Anschließend normalisierte sich die Situation. Die nächtlichen Sperren bestanden gleichwohl weiterhin.

RUNDLINIE FÜR DAS MILITÄR

Die bereits erwähnte, mit „Rundfahrt“ (französisch „Circuit“) ausgeschilderte Haltestelle vor dem Stabsquartier an der Kaiserstraße legt nahe, dass es 1924 zumindest vorübergehend einen Straßenbahn-Sonderverkehr für die Besatzungsmacht gegeben hat.

Betrieblich war 1923/24 die Einrichtung einer Innenstadt-Rundlinie von der Kaiserstraße (Viktoriastraße) über die Hattinger Straße, die Ottostraße (Oskar-Hoffmann-Straße), die Wiemelhauser Straße (Universitätsstraße), den Hellweg, die Rosenstraße und die Bleichstraße sowie die Rheinische Straße, die Kanalstraße und die Mühlenstraße möglich.

An der oben genannten Route lagen neben dem Stabsquartier sowohl der für 110 Soldaten als Quartier genutzte Hauptbahnhof als auch das in den Schulen an der Ottostraße (heute Oskar-Hoffmann-Straße) eingerichtete Mannschaftsquartier „Fayolle“. Wir sehen es auf der nachfolgenden Postkarte (Phototypie Daniel Delboy, Mirecourt – Sammlung Ludwig Schönefeld).

Weitere, über den Rundkurs erreichbare Orte waren die „Mess des Sous-Officiers“ und das „Foyer du Soldat“ (Wilhelmstraße / Ecke Louisenstraße, heute Huestraße) sowie die für 110 Personen als Quartier genutzte Turnhalle der Weilenbrinkschule an der Jahnstraße / Ecke Bleichstraße.

Mit einigen Gehminuten Distanz konnten vom oben beschriebenen Rundkurs der als Quartier für 180 Soldaten genutzte Nordbahnhof und die zur Unterbringung eines Infanteriebataillons mit rund 300 Soldaten sowie als Unteroffiziersheim genutzte „Caserne Davoust“ (Staatliches Gymnasium, später Gymnasium am Ostring) erreicht werden. Das Gebäude der neuapostolischen Gemeinde in der Rheinischen Straße diente 150 Soldaten als Mannschaftsunterkunft. Im evangelischen Vereinshaus an der Mühlenstraße waren 420 Soldaten untergebracht.

Abgesehen von den Postkarten, liegen weitere Belege für die „Circuit“-Linie derzeit nicht vor: Die Lokalpresse berichtete aufgrund von Zensur und Publikationseinschränkungen nur noch eingeschränkt über das Geschehen in der Stadt. Fotografieren war während der Ruhrbesetzung der Besatzungsmacht vorbehalten.

Das Beitragsbild ist ein stark vergrößerter Ausschnitt aus der Postkarte „Buerau de la Place“ aus dem Jahr 1924 (Phototypie Daniel Delboy, Mirecourt (Ausschnitt) – Sammlung Ludwig Schönefeld).

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