WEIMARER REPUBLIK

Der Erste Weltkrieg zehrt an den Kräften der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. Die Vorkriegsverhältnisse kehren nicht wieder. Politische Unruhen und Arbeitslosigkeit erschüttern das Revier. 1920 verzeichnet die Straßenbahn einen Verlust in Höhe von 6.665.506 Mark.

Es kommt jedoch noch schlimmer. Infolge des Währungsverfalls gibt es 1922 insgesamt 19 Lohnerhöhungen. Der Stundenlohn eines Straßenbahners steigt von 12,40 auf 255 Mark. 14 Tariferhöhungen führen dazu, dass die Fahrgäste am 31. Dezember 1922 für eine Fahrt je nach Anzahl der Teilstrecken zwischen 60 und 160 Mark zahlen müssen. Die Zahl der beförderten Personen geht von 2.026.304 im Januar auf 699.494 im Dezember zurück.

Einen weiteren Rückschlag bringt die Besetzung des Ruhrgebiets durch französische und belgische Truppen im Januar 1923. Wie in den nachfolgenden Kapiteln beschrieben, ist es in den folgenden zwei Jahren nur unter großen Anstrengungen möglich, den öffentlichen Personennahverkehr aufrecht zu erhalten.

GUTSCHEINE ALS NOTGELD

Um die Mitarbeitenden zu entlohnen, drucken sowohl die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG als auch die Westfälische Straßenbahn GmbH eigene Notgeld-Gutscheine, deren Wert jedoch als Folge der Inflation täglich rapide fällt.

Am 11. August 1923 legt die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG für die bevorstehenden Lohnzahlungen einen Notgeld-Gutschein über 100 Millionen Mark auf. Vom 14. August 1923 an werden Gutscheine über 1, 5 und 10 Millionen Mark gedruckt. Sie sollten als Wechselgeld an die Fahrgäste ausgegeben werden. Jedoch hatten sie schon bald ihren Wert verloren, so dass letztlich nur wenige Scheine in den Umlauf gegeben wurden.

Auch die Westfälische Straßenbahn druckt im August 1923 Notgeld-Gutscheine. Ihr Gegenwert soll 5 Millionen Mark betragen. Bis zum Jahresende werden sie wertlos.

Um den Wertverfall des Geldes auszugleichen, führen beide Verkehrsunternehmen in kurzen Abständen Tariferhöhungen durch. Bei der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG gibt es 1923 insgesamt 38 Tariferhöhungen.

BESSERUNG

1925 bessert sich die Lage, nachdem am 18. August 1924 der sogenannte „Dawes-Plan“ die deutschen Reparationszahlungen regelt. Die Besatzungstruppen verlassen im Juli 1925 die Stadt Bochum.

Auf vielen Streckenabschnitten kommt der zweigleisige Ausbau wieder in Gang. Noch im selben Jahr beginnt die Gesellschaft mit dem Bau eines neuen Verwaltungsgebäudes und eines zentralen Betriebshofes in Bochum-Wiemelhausen. Ziel ist es den Wagenpark zu konzentrieren und die Verwaltung aus Essen nach Bochum zurückzuholen. Auch auf dem Gelände des Betriebshofs in Gelsenkirchen nimmt die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG den Bau einer neuen Wagenhalle in Angriff.

Wirtschaftlich gesehen ist 1925 ein hervorragendes Jahr. Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG kann 8 Prozent Dividende ausschütten und damit an die sehr guten Jahre vor der Inflation anknüpfen. 221 Triebwagen, 118 Beiwagen und rund 60 Güter- und Spezialwagen stehen dem Unternehmen Anfang 1926 zur Verfügung.

Das Beitragsbild zeigt einen 1923 gedruckten Notgeldschein über 5 Millionen Mark, ausgegeben von der Westfälischen Straßenbahn GmbH in Gerthe (Sammlung Ludwig Schönefeld).

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