CASTROPER HELLWEG

Der 1914 abgeschlossene Ausbau der Castroper Straße, die Ertüchtigung der Gleisanlagen am Schwanenmarkt und der Anschluss der Strecke an die Gleise in der Bleichstraße erleichterten die Betriebsabläufe der Westfälischen Straßenbahn auf ihrer Stammstrecke erheblich.

Aufgrund des doppelgleisigen Ausbaus gehörte die Verbindung zum Abzweig Harpen zu den leistungsfähigsten Strecken in Bochum. Der Bau eines Anschlussgleises zur Kohleverladung in Höhe der Zeche Constantin und der parallel zum Personenverkehr durchgeführte Güterverkehr konnten gut verkraftet werden.

Die Streckenäste nach Gerthe und Castrop sowie nach Harpen und Lütgendortmund blieben zunächst eingleisig: Die schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen der frühen 1920er-Jahre und die Ruhrbesetzung lähmten die weitere Ausbautätigkeit.

Die Einführung der Rentenmark im November 1923 und die ab August 1924 in den Umlauf gebrachte Reichsmark stabilisierten die wirtschaftlichen Verhältnisse: Es ging wieder aufwärts.

Aus dieser Zeit stammt das Beitragsbild, eine 1925 publizierte Postkarte aus dem Verlag Trinks & Co. GmbH in Leipzig (Sammlung Ludwig Schönefeld). Sie zeigt einen der 1913/14 von der Waggonfabrik Uerdingen an die Westfälische Straßenbahn gelieferten Triebwagen (Nummer 19 bis 38). Er beginnt soeben am Bahnhof Bochum-Süd seine Fahrt nach Castrop oder Lütgendortmund. Deutlich ist die in den 1920er-Jahren bei der Westfälischen Straßenbahn eingeführte dunkle Lackierung der Wagen zu erkennen.

AUSBAUSTRECKE MIT EISENBAHNSTANDARD

Die wirtschaftliche Stabilität ermutigte die Westfälische Straßenbahn GmbH, in den weiteren Ausbau des Streckennetzes zu investieren. So konnte zwischen 1926 und 1928 auch der lange geplante zweigleisige Ausbau zwischen dem Abzweig Harpen und der Apotheke in Gerthe realisiert werden.

Wenn die aus dieser Zeit erhaltenen Fotografien richtig datiert sind, begann der Ausbau 1926 im Zentrum von Gerthe.

Auf der „Überlandstrecke“ zwischen dem Abzweig Harpen und der Haltestelle Heinrichstraße wurde der Gleiskörper eisenbahnähnlich trassiert. Die Fahrleitung wurde hier als Kettenfahrleitung ausgeführt.

Am 25. Mai 1928 waren die Arbeiten, für die umfangreiche Grundstückskäufe, die Verbreiterung der Überführung der Lothringer Zechenbahn und die Bewegung von rund 15.000 Kubikmeter Bodenmaterial notwendig waren, abgeschlossen.

Der zweigleisige Ausbau der Straßenbahn wurde vom Photographie-Atelier Hiltner im Auftrag des Amtes Gerthe dokumentiert. Heute befinden sich die in der Bildreihe enthaltenen Fotos in der Sammlung der Pressestelle der Stadt Bochum. Neben den Aufnahmen vom zweigleisigen Ausbau enthält die Bildfolge darüber hinaus Fotos und Postkartenmotive aus dem Betriebsalltag der 1950er- und 1960er-Jahre.

  • Die Ausbauarbeiten begannen im Zentrum von Gerthe. Links ist der neu angelegte
    Abzweig vom Castroper Hellweg in die Hiltroper Landwehr zu erkennen.
    Photo-Atelier Hiltner, Gerthe - Sammlung Stadt Bochum, Pressestelle

RICHTUNGSVERKEHR IN GERTHE

In Gerthe wurden im Zusammenhang mit dem zweigleisigen Ausbau die Voraussetzungen für einen sogenannten „Richtungsverkehr“ geschaffen. Dazu wurde ein neues Gleis von der Einmündung der Lothringer Straße über den Castroper Hellweg bis zur Bergstraße (Schürbankstraße) gelegt. Die anstelle der heutigen Gerther Stadtbahn-Endstelle vorhandene Ausweiche behielt man bei.

Die von Bochum nach Castrop fahrenden Straßenbahnzüge wurden nach Abschluss des Ausbaus über die Lothringer Straße und die Bergstraße geführt. Die von Castrop nach Bochum fahrenden Straßenbahnen nutzten von der Einmündung der Bergstraße bis zur Einmündung der Lothringer Straße die Neubaustrecke über den Castroper Hellweg.

Neu angelegt wurde auch der Abzweig in die Hiltroper Landwehr. Jetzt war es auch möglich, von Castrop nach Herne zu fahren. Im Linienverkehr wurde der Anschluss gleichwohl zu keinem Zeitpunkt benutzt.

Am 10. Oktober 1928 waren die neuen Streckenteile in Gerthe fertiggestellt, am 15. November 1928 wurde die Strecke im Castroper Hellweg offiziell in Betrieb genommen.

Die nachfolgende Skizze auf Basis eines Luftbildes aus den 1920er-Jahren (© RVR – 1925-1930 – dl-de/by-2-0) illustriert die Lage der neuen Gleisverbindungen.

ZURÜCKZUM NÄCHSTEN KAPITEL