Die Bochumer Innenstadt wurde im Zweiten Weltkrieg großflächig zerstört. Die Folge waren unermessliches menschliches Leid und hohe wirtschaftliche Schäden.
Die totale Zerstörung bot gleichwohl auch die Chance, der Stadt ein zukunftsorientiertes Gesicht zu geben, nachdem die zum Teil bis in das Mittelalter zurückreichenden Strukturen der Innenstadt nicht mehr existierten.
So entstand in den Jahren 1947 und 1948 mit dem Leitgedanken einer modernen und vor allem autogerechten Stadt der Neuordnungsplan für die Innenstadt.
AUTOGERECHT
Im Zentrum des Neuordnungsplans stand der neue Bochumer Hauptbahnhof, etwa 650 Meter östlich des bisherigen Bahnhofs Bochum-Süd.
Zwischen dem neuen Hauptbahnhof und der Rathauskreuzung wurde über die Wittener Straße, die Buddenbergstraße, die Obere Marktstraße und die Bongardstraße eine Ost-West-Achse geschaffen. Sie erhielt im August 1955 die neuen Bezeichnungen Massenbergstraße und Bongardstraße und bildet heute den Bochumer „Boulevard“.
Für die Nord-Süd-Achse wurden die Thomas-, Augusta- und Mühlenstraße zu einer neuen Straße zusammengefügt. Sie erhielt am 8. Juli 1952 die Bezeichnung „Hans-Böckler-Straße“. Den Anschluss nach Süden bildete die neue Viktoriastraße (jetzt in Abgrenzung zur Vorkriegszeit mit „k“ statt „c“ geschrieben). Sie wurde aus der vormaligen Victoriastraße und der in Höhe des Husemannplatzes an diese anschließende ehemaligen bis zum Bahnhof Bochum-Süd führenden Kaiserstraße gebildet.
Der Ring führte vom Bahnhof in nördlicher Richtung zunächst über die Stühmeyerstraße und die Rheinische Straße (ab 1956 Ostring). In Höhe der Bleichstraße schloss sich der bereits im Juni 1945 im Wesentlichen aus der Kanalstraße hervorgegangene Nordring an.
Vom Imbuschplatz, dem ehemaligen Kaiser-Friedrich-Platz, wurde der Ring über die Humboldt-, Maltheser- und Gneisenaustraße (ab 1955 Westring) weitergeführt. Das letzte Ringsegment verlief über die Rottstraße. Sie wurde am 15. Juli 1955 zwischen der Gneisenaustraße und der Baustelle des neuen Hauptbahnhofes in Südring umgetauft.
DURCHGEHEND VIERSPURIG
Mit Ausnahme des westlichen Abschnitts des Nordrings und des Westrings wurde auf allen Trassen ein doppelgleisiger, gepflasterter Fahrwerk in Mittellage für die Straßenbahn vorgesehen.
Im Südring und auf kurzen Abschnitten des Nordrings war dieser mit „Katzenaugen“ vom Fahrweg des Individualverkehrs getrennt.
Ab den 1960er-Jahren wurde der getrennte Fahrweg auch von den in der Innenstadt verkehrenden Omnibuslinien genutzt.
ARBEITEN IM AKKORD
Während die Straßenbauarbeiten an örtliche Tiefbauunternehmen vergeben wurden, war die Gleisbauabteilung der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG für die neuen Schienenwege verantwortlich. Für viele Gewerke wurden Akkordlöhne gezahlt.
Der Zeitplan des Innenstadt-Umbaus war – grob eingeteilt – wie folgt:
1950 | Ost-West-Strasse |
1951 | Nord-Süd-Strasse, Kreuzung Brückstraße und Rathauskreuzung |
1952 | Weiterführung der Königsallee über die ehemalige Jägerstraße |
1953 | Kreuzung am Schauspielhaus und Ertüchtigung der Alleestraße |
1954 | Ausbau der Rottstraße (Südring) und der Stühmeyerstraße |
1954/55 | Nordring zwischen Brückstraße und Einmündung Bergstraße |
1955 | Östliche Kanalstraße (Schwanenmarkt) und Rheinische Straße |
1955 | Schleife Jahn-, Scharnhorst- und Arndtstraße |
1955 | Wittener Strasse |
Das Beitragsbild aus der BOGESTRA-Fotosammlung zeigt den Südring Anfang der 1970er-Jahre. Auf dem Bild ein Büssing Stadtbus des Typs 13 RU 7 H aus dem Jahr 1961 auf der Linie 53 und der 1959 gebaute Düwag-Triebwagen 298 auf der nur werktags verkehrenden Verstärkerlinie 28.