KAISER AUE

Die „Kaiser-Aue“ war ein über Jahrzehnte beliebtes und weit über die Bochumer Stadtgrenzen hinaus bekanntes Ausflugslokal an der Kreuzung der Kirchstraße (heute Josephinenstraße) und Tippelsberger Straße (seit 1929 Tenthoffstraße) im Stadtteil Grumme.

Dort hatte die Grumbecke, der heutige Grummer Bach, mit ihren Zuläufen ein weitläufiges Sumpf- und Waldgebiet gebildet. Ein großer Teil davon gehörte der Familie Helf. Die Nachfahren der seit dem 15. Jahrhundert in Grumme ansässigen Landwirte pflegen bis heute den Helfs Hof. Das unter Denkmalschutz stehende Gebäude wurde um 1780 als „Niederdeutsches Hallenhaus“ errichtetet.

Im Zusammenhang mit der Stadtentwicklung um die Jahrhundertwende erkannte der damalige Gutsbesitzer Theodor Helf das Potenzial der Grummer Teiche für die Naherholung der Stadtbevölkerung.

Ein Teil der Teiche war bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert durch Wasserbauten und Stauwehre nutzbar: Der größte Teil diente als Wasserreservoir für die Häuser am Prattwinkel, eine Mühle und einen Schmiedebetrieb.

SPANNENDE ATTRAKTIONEN

In den Jahren 1901 und 1902 baute Theodor Helf diesen großen Teich zu einer stadtnahen Freizeitanlage aus. Er errichtete einen Restaurationsbetrieb. Rund um den Teich entstand ein privater Park. An seinem Uferweg wurden verschiedene Schaubuden aufgestellt. Es gab einen Aussichtsturm, ein Karussel und eine Schiffschaukel. Auf dem Gondelteich luden Boote zu sportlicher Aktivität ein. Gelegentlich wurden auch Wettbewerbe ausgelobt. Bekannt blieben insbesondere die jährlichen Schwimmfeste und die vor dem Ersten Weltkrieg durchgeführten Ballonfahrten.

Dem neuen Gartenrestaurant gab Theodor Helf den Namen „Kaiser-Aue“.

Die oben abgebildete, 1921 gelaufene Postkarte aus dem Verlag Theodor Wiss, Bochum, zeigt die Endstelle der Straßenbahnlinie 9 vor dem Restaurant „Kaiser-Aue“. Die Ausweiche befand sich in der 1904 zu Ehren von Theodor Helfs Ehefrau Josephine in „Josephinenstraße“ umbenannten Kirchstraße ( Sammlung Heinz-Günter Spichartz).

Unten sehen wir die Rückseite des Gartenrestaurants, den großen Saal und den Gondelteich auf einer 1913 gelaufenen Postkarte aus dem Bochumer Verlag Paul Caspar (Sammlung Ludwig Schönefeld).

Die neue Attraktion im Bochumer Norden wurde mit Begeisterung angenommen. Das war wohl auch ein Argument dafür, dass die Stadt und die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG gemeinsam den Bau einer Straßenbahnstrecke über die Bergstraße nach Grumme vorantrieben: Die bereits eröffneten Straßenbahnlinien wurden in den 1910er- und 1920er-Jahren vor allem von Schülern und im Sonntags- und Ausflugsverkehr stark frequentiert. Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsplatz hatten demgegenüber untergeordnete Bedeutung.

TRADITION LEBT BIS HEUTE

Das Restaurant existierte bis in die 1960er-Jahre hinein. 1974 wurde das von Theodor Helf errichtete Gebäude abgerissen.

Die Grummer Teiche wurden umgestaltet und im August 1977 als „Grummer Seenplatte“ neu entdeckt. Das 1980 vis-à-vis vom ehemaligen Restaurant „Kaiser-Aue“ errichtete Ökumenische Altenzentrum Kaiseraue führt heute den traditionsreichen Namen fort.

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