Der Bahnhof Bochum-Süd war nicht nur ein wichtiger Personenbahnhof. Er wurde auch als Stückgut- und Güterbahnhof genutzt. Das führte dazu, dass um die Jahrhundertwende täglich rund 260 Züge den Bahnübergang zwischen der Bahnhofstraße und der Hattinger Straße passierten.
Aus diesem Grund untersagte die Staatsbahn der Straßenbahn eine Kreuzung der Bahngleise im Linienverkehr. Da es auf der Südseite des Bahnhofs noch keinen Betriebshof gab, wurden die Straßenbahnwagen für die Linie nach Weitmar in den ersten Betriebsmonaten mit Pferde- oder Muskelkraft auf der Südseite des Bahnhofs bereitgestellt – auch die Oberleitung soll im Bereich des Bahnübergangs unterbrochen gewesen sein.
BAHNHOFSVORPLATZ
Für Fußgänger gab es nach zeitgenössischen Berichten die Möglichkeit, die stark befahrenen Bahngleise über einen Tunnel zu unterqueren.
Das sich die Stadt immer weiter nach Süden ausweitete, konnte die Situation so nicht bleiben. Die einzig sinnvolle Lösung war eine Straßenunterführung zwischen der Bahnhofstraße und der Hattinger Straße.
Zeitgleich mit der 1899 begonnenen Neuanlage des Bahnhofsvorplatzes wurde mit dem Bau der Unterführung begonnen. Um die notwendige Durchfahrtshöhe zu gewinnen, mussten die Bahngleise um rund 1,5 Meter angehoben werden. Die Straße wurde gegenüber dem Bahnhofsvorplatz erheblich abgesenkt, um das für die Straßenbahn notwendige Lichtraumprofil unter der Brücke zu gewährleisten.
Während der Bauzeit der Unterführung verblieben die für den Straßenbahnbetrieb notwendigen Wagen auf der Südseite der Bahn.
Am 24. August 1901 konnte der Märkische Sprecher berichten, dass nunmehr die Straßenbahngleise im Bereich der Unterführung verlegt würden. Im Verlauf des Herbstes wurde die Unterführung fertiggestellt.
ÜBERSCHWEMMUNGEN
Für den Straßenbahnverkehr blieb die Brücke am Bahnhof ein neuralgischer Punkt.
Einerseits erwies sich schon bald, dass die Durchfahrtsbreite von Anfang an nicht ausreichend bemessen war. Sie wurde zusätzlich durch die Eisenträger eingeschränkt, die in Ergänzung der Widerlager das Gewicht der Brückenträger aufnahmen.
Andererseits kam es durch den Trog und aufgrund des auf beiden Seiten der Bahn ansteigenden Geländes bei Starkregen immer wieder zu Überschwemmungen.
So hatte auch Bochum eine „Mausefalle“ – so bezeichnete man in der Vorkriegszeit gerne Unterführungen, die für den steigenden Individualverkehr schlichtweg zu eng waren.
Das Beitragsbild (Siemens Historical Institute) entstand kurz nach der Eröffnung der Unterführung am Bahnhof Bochum-Süd, vermutlich im November 1901. Der Triebwagen ist nach Weitmar ausgeschildert. Bei der Bildbearbeitung war zu erkennen, dass die Streckenangaben auf dem Haltestellenschild links abgedeckt sind. Das deutet darauf hin, dass das Foto wenige Tage vor dem Winter-Fahrplanwechsel aufgenommen wurde.