Die Kleinbahn Bochum – Gerthe – Castrop GmbH und ihre Nachfolgerin, die Westfälische Straßenbahn GmbH, verstand sich über die gesamte Zeit ihres Bestehens auch als technischer Pionier.
Das lag vor allem an ihrem engagierten Direktor Paul Müller, aber auch an seinen Mitstreitern auf der Geschäftsleitungsebene. Dies waren die Leiter der Kaufmännische Abteilung, die Betriebs- und Werkstättenleitung und der Verwaltungsstelle Bauleitung und Streckenunterhalt.
INNOVATIVER FAHRLEITUNGSBAU
Zum Streckenunterhalt gehörte die Bereitstellung der Fahrleitungen. Diese bestanden aus 65 qmm Kupferprofildraht. Das Aufhänge- und Klemmmaterial wurde von den Siemens-Schuckertwerken bezogen. Die Arbeiten selbst worden von eigenen Fachleuten ausgeführt.
Die Arbeit des Fahrleitungs-Teams ist gut dokumentiert. Vor allem, weil ein Mitarbeiter oder der Chef einzelne Projekte in privaten Fotos festhielt (Sammlung Charlotte Ewald – Sammlung Ludwig Schönefeld).
Das hier als Beitragsbild verwendete Gruppenfoto aus dem Jahr 1910 lässt erkennen, dass sich die Fahrleitungsbauer in ganz besonderer Weise für die moderne Zeit interessierten. So entdecken wir im Dunkel des Schuppens ein Plakat mit einem startenden Luftschiff. Vermutlich handelt es sich dabei um das Luftschiff „Sachsen“ des Grafen Zeppelin.
VON DER SCHNELLEN PARTIE
Beim Bau der Stadtstrecke waren die Oberleitungsbauer, wie Paul Müller in seinem Buch „10 Jahre Westfälische Straßenbahn“ bemerkt, von der „schnellen Partie“: „Der Bau der Oberleitungsanlagen ging dem Gleisbau stehts um ein weniges voraus.“ Das Foto oben zeigt das Team bei der Installation der Fahrleitungskreuzung mit der Allee- und Bongardstraße am Bochumer Rathaus.
Als erste Straßenbahnstrecke in Bochum, war die Stadtstrecke mit einer elektrischen Fahrwegüberwachung und elektrischen, über die Oberleitung betätigten Weichen nach dem System der Siemens-Schuckertwerke ausgestattet.
Erhalten geblieben ist das oben gezeigte Foto des eingleisigen Abzweigs von der Kanalstraße in die Heinrichstraße (später Kortumstraße). Während die Heinrichstraße und die Verlängerung der Kanalstraße zur Thomasstraße im Richtungsverkehr befahren wurde, fuhren die Straßenbahnen zwischen dem Schwanenmarkt und dem Abzweig Heinrichstraße in beiden Fahrtrichtungen.
Da die Straßen eng und schwer einsehbar waren, gab es ein Lichtsignal, das mit Pfeilen anzeigte, welche Strecke frei war. Wir sehen es oben vor den Schaufenstern der Firma Strauss. Dieses wurde entweder manuell – mit dem Schalter am linken Bildrand – oder mit Oberleitungskontakten geschaltet. Auch einen der innovativen Oberleitungskontakte haben die Fahrleitungsbauer im Bild festgehalten. Die Schaltdrähte laufen über die über dem Kontakt sichtbaren Porzellanisolatoren.
Für die manuelle Betätigung der Streckensicherungsanlagen gab es neben dem Schalter an der Einmündung der Heinrichstraße einen zweiten Schalter am Schwanenmarkt. Dieser blieb als technisches Relikt bis in die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg am westlichen Brückenkopf der Eisenbahnüberführung am Schwanenmarkt erhalten.