OST-WEST-STRASSE

Zu den wichtigsten Infrastrukturprojekten der Nachkriegszeit gehörte die Neuanlage der sogenannten „Ost-West-Achse“. So bezeichnete eine Anfang der 1950er-Jahre publizierte Mehrbild-Postkarte den Straßenzug von der Wittener Straße über die Buddenbergstraße, die Obere Marktstraße und die Bongardstraße zum Bochumer Rathaus. In den Tageszeitungen wurde synonym auch von der „Ost-West-Straße“ (oder auch „Ost-Weststraße“) gesprochen.

ZERSTÖRUNG UND NEUBEGINN

Zwischen der Eisenbahnüberführung an der Wittener Straße und der Kreuzung mit der Kortumstraße war bis auf wenige Gebäude die gesamte nördliche Bebauung zerstört. Der Weilenbrink, ein Stadtgebiet mit umfangreicher historischer Bausubstanz aus dem 17. Jahrhundert, ging in den Bombennächten des Zweiten Weltkriegs unter.

So tragisch die Zerstörung war, sie ermöglichte in Bochum einen Neubeginn: Die Anlage eines neuen Stadtzentrums, das durch eine Ost-West-Achse, eine Nord-Süd-Achse und einen Innenstadtring erschlossen werden sollte.

Die Ost-West-Straße wurde zwischen der heutigen Kreuzung am Bochumer Hauptbahnhof und der Rathauskreuzung als repräsentativer Straßenzug geplant – gebildet aus der Buddenbergstraße, der Oberen Marktstraße und der Bongardstraße.

Während der Straßenquerschnitt auf 35 Meter aufgeweitet werden sollte, veränderte die Planung nicht die Führung der Straßenbahnstrecken. Wie im Kapitel „HELLWEGSTRECKE“ beschrieben, wurden sowohl die Straßenbahnstrecke über den Hellweg als auch – über die neu angelegte Bleichstraße – deren Fortführung zum Nordbahnhof an die Ost-West-Straße angeschlossen.

Absehbar war, dass ungeklärte Eigentums- und Grundstücksangelegenheiten auf der westlichen Seite der neuen Verkehrsachse vorübergehend für einen Engpass sorgen würden. Hier sollten die in der Ost -West-Straße zu verlegenden Gleise nach Norden verschwenkt und an die bestehende Trasse angeschlossen werden.

ALTE UND NEUE STRASSENNAMEN

An dieser Stelle sei angemerkt, dass es die Bezeichnung „Ost-West-Straße“ oder „Ost-West-Achse“ nur auf dem Papier gab. Die Straßenzüge behielten während der gesamten Bauzeit ihre ursprünglichen Bezeichnungen.

Die Obere Marktstraße ging in der Bongardstraße auf. Die Buddenbergstraße mutierte im August 1955 zur Massenbergstraße. Dafür widmete man der Erinnerung an den „Butenberg“ und das „Butenbergtor“ im Januar 1959 den Buddenbergplatz hinter dem neuen Bochumer Hauptbahnhof.

HOHES TEMPO


Der Neubau der Ost-West-Straße begann im Frühjahr 1950. Im Dezember 1950 wurden die letzten Arbeiten abgeschlossen. Während der gesamten Bauzeit konnte man den Linienverkehr auf den Linien 10 (Höntrop – Witten) und 20 (Oberdahlhausen – Langendreer) fortführen. Alle Abbruch-, Unterbau-, Gleis- und Straßenarbeiten wurden unter „rollendem Rad“ ausgeführt. Dazu wurden – heute unvorstellbar – die Gleise zum Teil provisorisch mit Holzblöcken übereinandergelegt. Die Oberleitung wurde kontinuierlich an den Baufortschritt angepasst.

Im Sommer 1950 fuhr die Straßenbahn in West-Ost-Richtung noch über die Grabenstraße und die Schützenbahn. Auch die alte Streckenführung vom Nordbahnhof über die Rosenstraße war noch in Betrieb.

Anfang September wurden die alten und neuen Gleise parallel befahren: Auf den alten Gleisen fuhren die Linienwagen, auf den neuen Gleisen wurden erste Fahrten mit Arbeitsfahrzeugen, unter anderem dem nagelneuen Schleifwagen 610 durchgeführt.

Mitte September fuhren die Straßenbahnen bereits in beiden Richtungen über die neuen Gleise. Die eingleisige Streckenführung über die Grabenstraße und die Schützenbahn entfiel. Offiziell wurde diese Strecke erst am 22. November 1950 aufgelassen. Die erhaltenen Fotos belegen die bereits zwei Monate früher erfolgte Einstellung.

Im Oktober wurden die alten Gleise und die Verbindung von der Schützenbahn zur Buddenbergstraße entfernt, im November war bereits die neue Straßendecke für den Individualverkehr eingebracht.

Der Baufortschritt lässt sich an den Daten der im nachfolgenden Slider zusammengestellten Fotos lässt wie folgt rekonstruieren. Das eingebundene Luftbild entstand 1952 (© RVR – 1952 – dl-de/by-2-0).

  • 29. Juni: Die Ruinen des Weilenbrinks sind geräumt, die Bordsteine markieren den Straßenverlauf.
    Stadt Bochum, Pressestelle

Das Beitragsbild der neuen Bongardstraße entstand vermutlich 1956: Alle Autos tragen noch die Nummernschilder der Besatzungszonen. Das Kaufhaus „Baltz“ wirbt noch mit seinem 125jährigen Jubiläum (1957 wurde die Zahl 125 gegen 130 getauscht). Mit dem aus dem Hellweg kommenden Großraumzug ist das Foto eine echte Rarität (Sammlung Lohoff – Sammlung Stadt Bochum, Pressestelle).