Unmittelbar nach der Unterzeichnung des neuen Gesellschaftsvertrages wurden die Baumaterialien und die Gleise für die Weiterführung der Straßenbahnstrecke durch Gerthe nach Castrop bestellt. Als Generalunternehmer für den Bau wurde die Firma Otto Conrad aus Berlin verpflichtet.
Am 16. August 1909 begann man bei Cöppencastrop mit dem Gleisbau. Ein zweiter Bautrupp nahm am 31. August in Castrop die Arbeit auf.
Die Arbeiten gingen schnell voran. Nach vier Monaten konnte die 5,09 Kilometer lange Verbindung von Gerthe nach Castrop am 20. Dezember 1909 in Betrieb genommen werden. Die Genehmigung für den Bau und Betrieb hatte die Gesellschaft vier Tage zuvor, am 16. Dezember 1909 erhalten.
STADT- UND ÜBERLANDSTRASSENBAHN
Das Zentrum von Gerthe vermittelte aufgrund der um die Jahrhundertwende in großer Zahl neu entstanden Gebäude schon bald städtisches Flair. Das belegt die oben abgebildete, um 1910 publizierte Postkarte (Verlag Hermann Buthmann, Gerthe – Sammlung Hansi Hungerige).
Zwischen Cöppencastrop und Castrop hatte das neue Streckenstück demgegenüber den Charakter einer Überlandstraßenbahn.
Von der Endstelle in Gerthe wurde das Gleis zunächst auf der westlichen Seite der Lothringerstrasse (später Lothringer Straße) bis zur Bergstrasse (am 20. Oktober 1929 umbenannt in Schürbankstraße) geführt.
Auf diesem Streckenstück entstand in der unmittelbaren Nachkriegszeit das Titelbild dieses Kapitels (Stadt Bochum, Pressestelle). Der nachfolgende Plan illustriert die Streckenführung in Gerthe. Als Orientierung dient ein Luftbild aus den 1920er-Jahren (© RVR – 1925-1930 – dl-de/by-2-0).
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ENGE STRASSEN UND KRITISCHE RADIEN
Die Streckenführung in Gerthe war nicht ganz einfach: An der Apotheke in Gerthe musste das Gleis zunächst in die Mitte der Lothringerstrasse geführt werden, um den für die Straßenbahn notwendigen Minimalradius einzuhalten. Nach wenigen Metern wurde das Gleis an die rechte, südliche Straßenseite geführt. Hier verblieb es bis zum Abzweig in die Bergstrasse, wo erneut „weit ausgeholt“ werden musste.
In der Bergstrasse lag das Gleis auf der linken, westlichen Straßenseite bis zur Einmündung in den Castroper Hellweg.
Diese Gleisführung wurde bis zur Einstellung des Straßenbahnbetriebs in der Lothringer Straße und in der Schürbankstraße beibehalten. Vor allem im vorderen Teil der Lothringer Straße kam es deshalb in den letzten Jahren zunehmend zu Konflikten mit widerrechtlich parkenden Autofahrern, die den für die Straßenbahn notwendigen Freiraum falsch einschätzten oder schlichtweg die eigenen Interessen durchsetzten.
Die Bildfolge dokumentiert den Verlauf der Straßenbahn in der Lothringer Straße von den Anfangstagen bis in die 1970er-Jahre. Die in die Bildfolge integrierte Detailvergrößerung eines Luftbildes aus dem Jahr 1928 stammt aus dem Archiv des Regionalverbandes Ruhrgebiet (© RVR – 1928 – dl-de/by-2-0).