BETRIEBSHOF WEITMAR

Als zweite Centrale auf dem Bochumer Stadtgebiet ging 1901 der Betriebshof Weitmar in Betrieb.

Er verfügte über ein eigenes Verwaltungsgebäude sowie eine von Siemens & Halske vollständig als Neubau errichtete Wagenhalle mit angrenzendem Kraftwerk.

Die Wagenhalle verfügte über acht Hallengleise. Darüber hinaus gab es drei Aufstellgleise im Freigelände.

Im Kraftwerk waren zwei Wasserröhrenkessel installiert: ein Kessel mit 112 Quadratmetern und ein weiterer Kessel mit 151 Quadratmetern Heizfläche. Die zur Stromerzeugung verwendeten liegenden Kondensations-Verbunddampfmaschinen leisteten jeweils 130 PS. Wie im Kraftwerk Vödestraße wurde die Innenpol-Dynamomaschinen über Riemen-Transmissionen und Kupplungen von den Dampfmaschinen angetrieben. Die elektrische Leistung des Typs J 81 war mit jeweils 170 kW jedoch deutlich höher als in der Kraftzentrale in der Innenstadt.

INSELBETRIEB

Der Betriebshof Weitmar war für die Linien nach Hattingen und Dahlhausen zuständig. Diese hatten in der Anfangszeit keine betriebliche Verbindung zum übrigen Bochumer Straßenbahnnetz: Die Unterführung am Bahnhof Bochum-Süd wurde erst mit Beginn des Winterfahrplans 1901 fertiggestellt.

Inwieweit es bereits für betriebliche Zwecke eine Gleiskreuzung mit der Staatsbahn am Bahnhof Bochum-Süd gab, ist noch nicht abschließend geklärt. Auf keinen Fall gestattete die Staatsbahn eine regelmäßige Querung der Eisenbahngleise im Planverkehr.

Von 1928 bis 1961 wurde der Betriebshof Weitmar vorrangig als Straßenbahn-Hauptwerkstatt genutzt. Die zwei nördlichen Hallengleise wurden aufgegeben. Der freigewordene Platz wurde für Werkstatteinrichtungen und als Magazin genutzt. Im Bereich des Vorplatzes entstanden zusätzliche Personalräume und ein neues Pförtnerhaus.

EIGENER FAHRZEUGBAU

Ab 1950 entstanden in der eigenen Werkstatt bemerkenswerte Aufbau- und Neubaufahrzeuge.

Den Anfang machte der 1950/51 auf Basis des kriegsbeschädigten Gastell-Beiwagens 384 der neue Fahrschulwagen 186. Er wurde am 1. März 1951 erstmals eingesetzt. Im September 1951 dokumentierte er auf der Essener Ausstellung „Schiene und Straße“ die Leistungsfähigkeit der Bochumer Straßenbahn-Hauptwerkstatt.

Nach einigen Kriegsausbesserungen folgte ab 1952 eine umfassende Aufbauserie nach Plänen des „Verbandstyp II“-Straßenbahnwagens. Die „Bauliste“ umfasst zunächst zwischen Januar 1952 und Juni 1953 insgesamt 13, auf Fahrgestellen kriegsbeschädigter Fahrzeuge neu aufgebaute Trieb- und Beiwagen für den Zweirichtungsverkehr. Vor allem die Fahrzeugköpfe und Führerstände wurden bei diesen Wagen an den „Verbandstyp II“ angepasst. Ihnen folgten 1954 weitere 13 Einrichtungswagen. Sie wurden aufgrund der hohen Zugkraft von den Straßenbahnern als „Elefanten“ bezeichnet und entsprachen nun auch in der Fensterteilung des Fahrgastraums weitgehend dem „Verbandstyp II“.

Den Abschluss der Eigenfertigung in der Hauptwerkstatt Weitmar bildeten 1955 und 1956 fünf vierachsige Doppelgelenk-Einrichtungswagen. Ihr Vorbild war der 1953 von der Hamburger Hochbahn AG in Betrieb genommene Typ VG. Vergleichbare Fahrzeuge baute darüber hinaus die Waggonfabrik Credé für den Verkehrsbetrieb in Kassel. in Bochum erhielten die neuen Gelenktriebwagen aufgrund ihres Fahrverhaltens den Spitznamen „Schüttelrutsche“.

NEUBAU ALS OMNIBUSBETRIEBSHOF

Nach der Verlegung der Straßenbahn-Hauptwerkstatt in den Betriebshof Bochum-Gerthe wurde der Betriebshof in Weitmar noch bis 1968 sporadisch genutzt. Die Hallen wurden vermietet.

Das Gelände und die Bauten verblieben im Eigentum der Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG. Ende der 1960er-Jahre wurden die alten Gebäude abgebrochen. Bis zum Abbruch der Gebäude blieben die Firmensignets von Siemens & Halske an der Fassade erhalten.

Auf der freigeräumten Fläche entstand ab Oktober 1968 ein moderner Omnibusbetriebshof als Ersatz für den Betriebshof in Altenbochum. Der erste Bauabschnitt mit einer Abstellhalle für 126 Omnibusse wurde Ende September 1969 abgeschlossen. Ab Dezember 1973 wurde die Kapazität der Abstellhalle um 42 Stellplätze erhöht. Darüber hinaus entstanden eine neue Omnibus-Hauptwerkstatt und zusätzliche Personalräume. Mit einem „Tag der offenen Tür“ wurde der Ausbau am 27. März 1976 abgeschlossen.

KLEINZECHE FÜR STRASSENBAHNER

Als betriebliche Besonderheit verfügte der Betriebshof Weitmar über einen eigenen Kohlenstollen: Die Lagerstätten der Ruhrkohle reichten auf dem Höhenrücken zwischen Weitmar und Linden bis an die Oberfläche.

Ob die eigene Kohle in der Anfangszeit des Straßenbahnbetriebes zur Beschickung des Kraftwerkes genutzt wurde – einen eigenen Bahnanschluss hatte der Betriebshof nicht – ist derzeit nicht bekannt.

Sicher ist, dass der Stollen 1946/47 als Schürfbetrieb zur Linderung der Brennstoffknappheit (erneut) in Betrieb genommen wurde. Bis zur Einstellung des Schürfbetriebes am 31. Januar 1950 wurden auf dem Betriebsgelände in Weitmar rund 6.000 Tonnen Kohle gefördert – hauptsächlich für den Eigenbedarf der Straßenbahner-Siedlung „Schaffnerweg“. Ihre Geschichte habe ich auf meiner Wattenscheider Website im Detail beschrieben.

Das Beitragsbild zeigt die Wagenhalle und das Kraftwerk des Betriebshofes Weitmar im Jahr 1901. Vor der Halle steht der kurz zuvor abgelieferte Weyer-Triebwagen 148 (Siemens Historical Institute). Die Bildfolge dokumentiert die Zeit des Standortes als Straßenbahnbetriebhof und Hauptwerkstatt. Das eingebettete Luftbild wurde vermutlich 1926 aufgenommen (© RVR – 1925-1930 – dl-de/by-2-0).

  • Die Verwaltung und das Pförtnerhaus lagen unmittelbar an der Strecke von Weitmar nach Linden.
    Siemens Historical Institute