Seit der Eröffnung des „Orpheums“ hat Bochum ein Stadttheater. Es gehörte wie die Königsallee, die Schulen und die Parkanlagen zum „Masterplan“ des Architekten und Unternehmers Clemens Erlemann (1865 – 1937) für den gehobenen neuen Stadtteil „Ehrenfeld“.
BEGINN ALS VARIETETHEATER
Für den Bau des „Orpheums“ wurde der Architekt Paul Engler verpflichtet. Im Oktober 1908 wurde das Stadttheater als Varietétheater eröffnet. Es wurde ebenso wie das benachbarte Ausflugslokal Haus Rechen von Clemens Erlemann auf eigene Rechnung betrieben.
Der wirtschaftliche Erfolg blieb aus. Daran änderten auch ein schnell angepasstes Repertoire und neuer Name – „Apollo-Theater“ – nicht viel. Clemens Erlemann musste den Theaterbetrieb 1909 einstellen und nach neuen Konzepten suchen.
Erlemann beschloss, das Haus zu einer Theaterbühne umzubauen. Im Juni 1912 begannen die Arbeiten. Sie führten den visionären Unternehmer in den Konkurs.
UMBAU UND NEUANFANG
1914 übernahm die Stadt Bochum das Gebäude. Mit Unterstützung des Kölner Architekten Carl Moritz wurde das Gebäude nochmals umgebaut. Im Rahmen dieses Umbaus entstanden das Bühnenhaus und eine neuer Eingangsbereich mit neoklassizistischen Elementen. 1915 wurde der Spielbetrieb wieder aufgenommen.
Für die ersten drei Jahre wurde eine Kooperation mit der Städtischen Bühne Düsseldorf vereinbart. Erst danach wurde das Bochumer Schauspiel erwachsen:
Mit dem 1919 vom damaligen Bochumer Generalintendant Saladin Schmitt (1883 – 1951) gegründeten Schauspielensemble erarbeitete sich Bochum den Ruf einer herausragenden Shakespeare-Bühne. Dank der zeitgleich mit dem Ensemble gegründeten Bochumer Symphoniker gehörte das Bochumer Stadttheater zu den kulturell führenden Städten im Ruhrgebiet.
SCHAUSPIELHAUS BOCHUM
Am 4. November 1944 wurde das Gebäude des Stadttheaters vollständig zerstört. In der Nachkriegszeit behalf sich das Bochumer Ensemble mit dem Saal des Stadtpark-Restaurants.
In den Jahren 1951 bis 1953 entstand auf den Fundamenten des zerstörten Stadttheaters das heute unter Denkmalschutz stehende Bochumer Schauspielhaus nach einem Entwurf von Gerhard Graubner.
Die auf Saladin Schmitt folgenden Intendanten der Nachkriegszeit führten das Bochumer Schauspiel auf anspruchsvollem Niveau weiter. Sie alle haben dazu beigetragen, dass das Schauspielhaus Bochum in der Theaterwelt der Bundesrepublik Deutschland nach wie vor zu den führenden Bühnen zählt.
THEATERWAGEN
Die Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahnen AG unterstützte den Spielbetrieb des Bochumer Stadttheaters von Anfang an. Bereits kurz nach dem Bau des „Orpheums“ wurde 1910 von der Clemensstraße eine Stichstrecke über die Jägerstraße zum Theater angelegt. Dieses Gleis ist auf der als Titelbild gezeigten Postkarte des Apollo-Theaters zu sehen (Postkarte ohne Verlagsangabe – Sammlung Dirk Ernesti). Gut zu erkennen ist die Ausweiche. Sie machte es möglich, zu den Anfangs- und Endzeiten des Theaters auch Beiwagen einzusetzen.
Mit dem Bau der Linie 9 wurde die Strecke vor dem Theater zweigleisig. Eine Umsetzweiche ermöglichte den Einsatz von Sonderwagen zu den Vorstellungen.
Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurden je nach Spielplan und Popularität des Programms Straßenbahnen und Busse als Theaterwagen eingesetzt.
Das Titelbild und die Motive des nachfolgenden Sliders dokumentieren die enge Verbindung zwischen dem Theater und der Straßenbahn.
Für weitere Informationen und noch mehr historische Bilddokumente zum Stadttheater und zum Bochumer Ehrenfeld verweise ich auf die von Dr. Dietmar Bleidick und Dirk Ernesti publizierte Webpräsenz „Historisches Ehrenfeld“. Aus der Sammlung von Dirk Ernesti stammt auch das Titelbild: Das Postkartenmotiv aus dem Verlag Theodor Wiss, Bochum, entstand vermutlich an einem Sonntag in den 1930er-Jahren und dokumentiert somit auch den Ausflugsverkehr zum Stadtpark und zur „Kaiser-Aue“.